Die Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft zu Großbothen e.V.

Am 17. November 1990 gründet sich nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 der Verein "Freunde und Förderer der Wilhelm-Ostwald-Gedenkstätte ‚Energie' Großbothen" mit 24 Mitgliedern, um die Pflege und Popularisierung des wissenschaftlichen und kulturellen Erbes von Wilhelm Ostwald zu bewahren. Für diesen Freundeskreis setzen sich vor allem Frau Margarete Brauer, die Enkelin des Gelehrten, und zahlreiche Wissenschaftler, insbesondere von der Universität Leipzig und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, ein. Die Deutsche Bunsen-Gesellschaft für physikalische Chemie, die DECHEMA und andere wissenschaftliche Organisationen unterstützen mit ihren langjährigen Erfahrungen die Förderung der wissenschaftlichen Projekte.

Nach der Wiedererrichtung des Freistaates Sachsen als Bundesland tritt am 6. Juni 1992 die Verfassung des Freistaates Sachsen in Kraft. Der Landsitz von Wilhelm Ostwald geht in den Besitz des Freistaates Sachsen über. Die Zukunft des Landsitzes und des Nachlasses von Wilhelm Ostwald bleibt allerdings ungeklärt.

In den folgenden Jahren können die Gebäude des Landsitzes und der Park nach und nach wiederhergestellt und erneuert werden. Große Verdienste um die langwierigen und zum Teil schwierigen Bauarbeiten erwirbt sich Dr.-Ing. Karl Hansel. Schon bald darauf ist das Anwesen für wissenschaftliche Arbeiten gut geeignet, aber trotz aller Bemühungen erreicht die Zahl von Tagungen und anderen Zusammenkünften nicht die vom Freistaat Sachsen gewünschte Größenordnung.

Im Jahre 1996 beschließt die Mitgliederversammlung die Umbenennung in Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft zu Großbothen e.V. Inzwischen ist die Zahl der Mitglieder auf annähernd 190 gestiegen, die meisten von ihnen sind an akademischen Bildungseinrichtungen in Deutschland und auch weltweit tätig.

In den Jahren 1995 und 1996 verhandelt der Freistaat Sachsen mit einem Interessenten über den Verkauf des Anwesens. Dieser Investor will ein Hotel errichten. Die in den Schenkungsauflagen enthaltenen Bestimmungen zum wissenschaftlichen Nachlass des einzigen sächsischen Nobelpreisträgers sind nicht Gegenstand der Verhandlungen. Die Vereinsmitglieder und viele Sympathisanten organisieren eine weltweite Unterschriftenaktion und richten Protestbriefe an wissenschaftliche und öffentliche Einrichtungen sowie die Landes- und Bundesregierung. Es gelingt, eine nationale und internationale Berichterstattung für den Erhalt des Landsitzes und des Nachlasses zu mobilisieren. Die Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft zu Großbothen e.V. unterstützt auch die Bemühungen der Ostwald-Nachkommen, eine gerichtliche Verfügung gegen die Pläne des Freistaates zu erwirken. Das Gerichtsverfahren erbringt allerdings nicht das gewünschte Ergebnis. Das mit den Protesten verbundene öffentliche Interesse ist mitentscheidend für die vorläufige Aufgabe der Verkaufspläne, und der inzwischen dritte Parzellierungsversuch, nach zwei vorhergehenden vor 1990, kann abgewendet werden.

 

Trotz aller Widrigkeiten findet im Jahre 2001 eine große Feier zum 100. Geburtstag des Landsitzes statt. Am 1. September 2005 zeichnet die Gesellschaft deutscher Chemiker (GDCh) den Landsitz mit dem Titel "Historische Stätte der Chemie" aus.

 

In den Jahren 2007 und 2008 veröffentlicht der Freistaat erneut seine Verkaufsabsichten, nunmehr unter Berücksichtigung der Schenkungsauflagen. Auch der Verein bewirbt sich mit seinem Konzept um die Gedenkstätte, aber das Sächsische Finanzministerium entscheidet sich im Jahre 2008 für die Gerda und Klaus Tschira Stiftung als neuem Eigentümer.

Am 17. Dezember 2008 fand in Großbothen die feierliche Unterzeichnung des Kaufvertrages für die Wilhelm-Ostwald-Gedenkstätte durch die neu gegründete sächsische Gerda und Klaus Tschira Stiftung statt. Es sprachen der Geschäftsführer des Sächsischen Immobilien- und Baumanagement (SIB), Prof. Dieter Janosch, der sächsische Finanzminister, Prof. Dr. Georg Unland, Herr Dr. Klaus Tschira und der Kanzler der Universität Leipzig, Dr. Frank Nolden. Auf die Verdienste der Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft ging keiner der Redner ein.

Seit dem 1. Januar 2009 ist die Gerda und Klaus Tschira Stiftung Eigentümer des Landsitzes. Die Geschäftsstelle der Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft hat seit Januar 2009 ihren Sitz im Obergeschoss des Hausmannshauses.

 

Der in den „Mitteilungen der Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft, Heft 2/2009, S. 56-83, publizierte Aufsatz von Ulf Messow und Ulrike Köckritz gibt einen wesentlich umfangreicheren Einblick in die Geschichte der Wilhelm-Ostwald-Gedenkstätte zu Großbothen und zur Arbeit der Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft. Den Text finden Sie unter:

Dokumentation und Bemerkungen zur Wilhelm-Ostwald-Gedenkstätte zu Großbothen

 

 

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