Wilhelm Ostwald
(1853-1932)
„Tatsachen sind aber auf die Dauer widerstandsfähiger als alle Theorien oder vielmehr ihre konservativen Vertreter, und so entsteht die Notwendigkeit, die alte Theorie entweder passend zu erweitern oder durch eine neue, angemessenere zu ersetzen.“
Ostwald, W.: Leitlinien der Chemie: sieben gemeinverständliche Vorträge aus der Geschichte der Chemie. Leipzig: Akad. Verlagsges., 1906, S. 153
Am 28. Mai 2019 findet im Besprechungsraum "Justus von Liebig" im Haus 4 des Universitätsklinikums Leipzig, Liebigstraße 20, 04103 Leipzig, der nächste Vortrag in der Reihe der Ostwald-Gespräche statt. Beginn der Veranstaltung ist 17:00 Uhr. Es spricht Prof. Dr. Josef A. Käs, Abteilung für Soft Matter Physik der Universität Leipzig zum Thema "Die Physik des Tumors oder Warum enthalten solide Tumore weiche Krebszellen?
Die medizinische Grundlagen-Krebsforschung beschäftigt sich mit individuellen Zellen und deren genetischen und molekularen Veränderungen, mit molekularen Signalwegen sowie mit intrazellulären Mechanismen. Die moderne physikalische Forschung liefert zusätzliche, wertvolle Beiträge zum kollektiven Verhalten von Krebszellen und gibt Antwort auf die Frage: Wann ist eine Krebszelle blockiert oder wann kann sie Fließspannung überwinden, um in einer dichten Mikroumgebung aktiv voran zu kommen.
Der Vortrag widmet sich der Grundidee der "Physics of Cancer", die in Leipzig entwickelt wurde. Am konkreten Beispiel wird gezeigt, dass das Metastasepotenzial einer Krebszelle durch die Veränderungen ihre physikalischen Materialeigenschaften bestimmt wird. Als Beispiele für Innovationen an der Schnittstelle zwischen Medizin und Physik werden die neuen "live cancer cell tracking"-Methoden für Biopsien und unter Verwendung von zwei Typen von Karzinomen (Mamma- und Zervixgewebe) vorgestellt. Darüber hinaus schaffen diese Modelle bahnbrechende Alternativen zu Tiermodellen. Es wird belegt, dass unblockierte lokale Zellbewegung ein entscheidendes Element für die Tumorausbreitung darstellt. Mit diesem Ansatz soll weiterhin herausgefunden werden, in welchem Maße flüssiges (unblockiertes) Gewebeverhalten als ein individueller Metastasierungsmarker durch Magnetresonanz-Elastographie ausgemacht werden kann.
Die Ergebnisse können Chirurgen wichtige Hinweise liefern, die lokale Ausbreitung von Krebs zu bestimmen, um z.B. größere, zurzeit inoperable Tumoren zu entfernen.
Der Vortrag unterstützt die Erkenntnis, dass interdisziplinäre Forschungen besonders innovative Ergebnisse liefern können.